Samstag, 18. Oktober 2008

ein erlebnisreiches Wochenende

Es begann im Grunde Donnerstag Abend, als wir (wegen Stromausfall wie so oft in der letzten Zeit mal wieder im Dunkeln) beim Essen saßen eröffnete uns Zahid, einer der pakistanischen Mitarbeiter hier, die Frauen (Bajis) seien auf die Hennanacht im Nachbardorf eingeladen. Die Cousine unseres Gärtners heirate nämlich Freitag und am Tag zuvor trifft sich traditionell die Verwandtschaft der Braut um sich psychisch und auch physisch in Form von Hennatatoos (Mendhi) auf die bevorstehende Feier einzustimmen. Spontan wie alles hier in Pakistan wurden wir Bajis zusammen mit Arian und Zahid dann im Anhänger eines Traktors zur Feier gekarrt, zunächst in einen Raum verfrachtet, in dem sich die Mädchen mit einem ihrer Outfits (für jeden der Hochzeitstage ein anderes!) herausputzten, so dass wir uns in unseren normalen Schalwar-Kamis fast schäbig vorkamen. Das war allerdings sofort vergessen, als wir an jeder hand von jemand anderem in den Hof gebracht wurden, wo kleine schlafende Babies, Ziegen, Omas, Onkel, aufgetakelte Frauen, Bedienstete und Büffelkühe gemeinsam feierten, aßen und sich gegenseitig mit Henna aus spitzen Tüten bemalten. Nach einer Weile Smalltalk auf Urdu – ja, ein bisschen klappt es schon – mit etwa tausend Menschen, die alle irgendwie verwandt sind, durfte auch ich stillsitzen und wurde von einer Frau wunderschön dekoriert, die daraufhin meine beste Freundin sein wollte und gerne mal mit mir nach Deutschland kommen möchte... nicht nur in diesem Punkt haben manche Pakistaner wirklich ein seltsames Bild vom Westen.Reis, Chai, einen wilden Tanz und ein paar weitere Runden Smalltalk später rumpelten wir im Anhänger wieder über die Schotterpiste in die heimischen Roshni-Gefilde.

Freitag Vormittag muss ich nicht in die Schule und konnte deshalb mit Sumati und Rasmus in die Stadt fahren, wo diesmal der Naan-Verkäufer unser Freund sein wollte, damit er mit uns nach Deutschland kommen könne, um dort zu arbeiten. Defence, der Stadtteil in dem wir uns aufhielten ist noch nicht alt, sehr modern und sauber für die Verhältnisse hier, die Zahl der Bettler ist sehr niedrig und wir werden trotz unserer Hautfarbe kaum angestarrt. Insgesamt hat er eher weniger Charme, ist praktisch für Einkäufe, die erledigt werden müssen. Es gibt kaum Stände, sondern nur feste Geschäfte, wie Stoffläden, Supermärkte oder DVD-Shops, wo man gebrannte Filme für etwa 1€ erwerben kann, immerhin eine Farbkopie der Hülle inklusive.

Kaum zurück in Roshni ging es wieder weiter zur Hochzeit, wo wir drei jedoch zu spät für die Zeremonie ankamen, trotzdem aber wieder von einer Verwandten zur nächsten geschoben wurden, um „Assalamu a leikum“ zu sagen, die Hand zu schütteln und am besten noch ein Photo zu schießen. Bald wurden wir in einen anderen Hof gebracht, wo trotz der fortgeschrittenen Zeit Berge von Essen (süßer sowie würziger Reis, Joghurtsoße, Fleisch und Naan) auf uns warteten. Wie die etwa 300 Menschen, die sich mit uns dort befanden bekamen wir von jeder Speise einen großen Teller voll und typisch pakistanisch aßen alle im Kreis hockend von den gleichen Tellern... mit der Hand versteht sich. Ein wunderbares Erlebnis! Einen schönen Abschluss bildete ein Spaziergang durch das Dorf, mit Zwischenstation bei dem Bruder unseres Gärtners, der sich so geehrt fühlte, uns bei sich zu haben, dass wir kaum wieder loskamen, den Kanal entlang, der uns in grüne Felder und letztendlich an einen breiten und zwar stinkenden aber doch relativ sauberen Fluss führte. Natürlich gelingt es mir kaum, diese rauschenden Eindrücke in Worte zu fassen, doch ich kann sicher sagen, dass ich das Leben hier so bewusst erleben kann, wie selten zuvor, was unglaublich schön und unglaublich lehrreich ist.

Meinen heutigen freien Samstag verbrachte ich mit Arian und Sumati in der Altstadt Lahores.

im Van mit Sumati - Arian und alle anderen Männer sitzen hinten

Mit Van und Busnach Anarkali, zum national College of Arts, über diesen und jenen Bazar, durch die kleinsten, dreckigsten, buntesten und wahrscheinlich bezauberndsten Straßen, die ich jemals gesehen habe... Es war wundebar, sich so frei bewegen zu können und die Stadt so sehr zu genießen.

mit Arian in der Rikscha

Die vielen Wege, die wir zu Fuß, in der Riksha oder im Bus zurücklegten allein waren schon sannend genug. Zum Beispiel sah ich, wie ein Mann noch auf dem Motorrad sitzend durch Klopfzeichen auf dem Busdach seinen Umsteigewunsch ankündigte. Daraufhin wurde der Bus etwas langsamer und der neue Fahrgast springt auf. Eine unbeschreibliche Dynamik! Am späten Nachmittag kehrten wir gemeinsam bei unserem Bäckerfreund Waqas ein, der uns köstlich bekochte und zum Schluss auf seinem Motorad nach Roshni brachte. Eine wilde Fahrt mit viel Spaß. Trotz der vielen Erlebnisse bin ich kein bisschen müde, werde Sumati jetzt auf dem Dach Gesellschaft leisten und weiter den vergangenen Tag bewundern.


Donnerstag, 16. Oktober 2008

Post-Adresse

Für alle, die mir gerne ein Paket Schokolade schicken möchten möchten, sich aber noch nicht getraut haben, mich nach meiner Adresse hier zu fragen:

(Eva Busch)
Roshni Association

P.O.Box 11073
Lahore
Pakistan

Ich freue mich natürlich auch über Briefe ohne Schokolade

Im Morgengrauen auf unserem Dach

es geht weiter

... einen - für mich - sehr wichtigen Schritt: Vor zwei Wochen habe ich mit dem Kinderharfenunterricht angefangen. In der Schule wurde bisher nur Musikunterricht mit Flöten für die höheren Klassen angeboten, so dass die Harfen eine wunderbare Bereicherung für die musikalische Erziehung der Kinder der Green Earth Roshni School bietet. Ich unterrichte die 1. und 2. Klasse, jeweils mit der Klassenlehrerin zum übersetzen, was unterschiedlich gut klappt. Die Kinder der 2. Klasse sind hell auf begeistert, fragen ständig, wann sie denn wieder dran seien und machen gespannt mit.. Im Unterricht entsteht so eine ganz herrlich bezaubernde Stimmung. Bei den Erstklässlern ist es dagegen etwas problematischer, da sie so unglaublich unruhig sind und kaum eine Minute still sitzen können. Ich bin mir noch nicht sicher, welchen Schluss ich daraus ziehen soll... Einerseits wirkt das Spielen natürlich beruhigend, wäre also eine gute Möglichkeit, den Kindern zu helfen, zur Ruhe zu kommen, auf der anderen Seite ist es so, wie es jetzt ist, eher unwahrscheinlich, dass dieses Ziel wirklich erreicht wird. Ich denke darüber nach, ob Einzelsitzungen mit den Kindern nicht am sinnvollsten wären.
Der Englischunterricht in der dritten Klasse hat sich inzwischen gut eingespielt und ich habe das Gefühl, die Kinder lernen - größtenteils zumindest - recht schnell. Das motiviert mich natürlich sehr... denn viel Arbeit ist die Schul-Vorbereitung schon immer.

Schüler und Lehrerinnen beim Morgenkreis...