Samstag, 27. September 2008

eine lange Nacht

Es ist spät in der Nacht... rund umher hört man Männer beten. Heute ist der 27. Tag des Ramadan, der besonders wichtig ist, weil heute vor vielen hundert Jahren der Koran vollendet wurde. Deshalb sind die meisten Männer heute Nacht sehr lange, viele sogar bis zum nächsten Morgen in der Moschee. Wir Daheimgebliebenen haben uns einen Filmabend gegönnt.

Mit dem Ende des Ramadan rückt auch das Eid-Fest immer näher: drei Tage lang essen und Familienbesuchein feinen Kleidern, mit Henna Dekoration auf den Händen und natürlich "Bangles", den wunderbar kitschigen Glitzerarmreifen, die jetzt zu jeder Gelegenheit an Mädchen verschenkt werden. Wie es momentan in der Stadt zugeht, durfte ich gestern Abend mal wieder erleben, als auch wir uns aufgemacht haben, um neue Schalwar-Kamis zu kaufen: Die Läden waren doppelt so voll wie gewohnt, überall noch mehr Glitzer und Glimmer, die Atmosphähre noch unruhiger - und trotzdem schaffen es die Männer, jeden einzigen Körperkontakt mit Frauen, etwa in Form eines Zusammenrempelns oder Ähnlichem, zu vermeiden.. unglaublich
Außerdem bedeutet das Herannahen des Eid-Festes, dass wir seit diesem Wochenende Ferien haben. Die meisten der Betreuten sind seit Donnerstag für zehn Tage bei ihren Familien und auch in der Schule findet kommende Woche außer Lehrerfortbildungen für uns keine Unterricht statt. Deshalb findet hier momentan eher ein entspanntes WG-Leben mit täglichen Pflichten statt, als harte Arbeit.. Auch mal schön.

Vor zwei Tagen war ich mit Rasmus, Arian, Farooq, Zeshon und Mansoor in dem Dorf Hehr, das wenige Riksha-Minuten von Roshni entfernt liegt. Eigentlich wollten wir nur Obst einkaufen gehen, aber allein dieser Ausflug war wieder so voll von neuen, bunten, teilweise unbegreifbaren Eindrücken... stinkende Kanäle, voll von Plastiktüten, bettelnde oder vielleicht auch einfach nur neugierige Kinder, die vom Ladenbesitzer von uns weggeprügelt werden, die Einzelteile geschlachteter Rinder, wunderschöne traditionelle Handarbeit, drei Jungs, die uns alle unbedingt zum Aftari -Fastenbrechen einladen möchten, das Kilo Tr
auben für etwa 30 Cent, halb gerupfte, halb lebendige Hühner zum Verkauf in Käfigen, überall gibt es frittierte Teigtaschen, Pakoras, Süßigkeiten für das abendliche Fastenbrechen zu kaufen, jetzt isst und trinkt natürlich niemand in der Öffentlichkeit..

Ich bin froh, die Ramadanzeit miterlebt zu haben, besonders die gemeinsamen Aftaris sind sehr schön - trotzdem kann auch gerne bald wieder der normale Tagesrhythmus beginnen.





Sonntag, 21. September 2008

kurze Diashow

So viel ist passiert, seit ich das letzte mal geschrieben habe... Die Zeit fliegt dahin. Einige Bilder mit kurzen Erklärungen:

Drei Tage die Woche bin ich jetzt Englischlehrerin. Meistens macht es mir großen Spaß.. Glücklicherweise bin ich ja an einer Waldorfschule, weshalb niemand etwas dagegen hat, dass ich viel mit den Kindern singe und spiele.. Problematisch ist es allerdings, wenn die Klassenlehrerin nicht mit im Klassenraum sitzt. Vielleicht beschönige ich die Realität in meiner Erinnerung, aber die Kinder kommen mir doch weitaus lebhafter vor, als ich das gewohnt bin. Meine immer noch nicht ganz ausgereiften Urdu-Kenntnisse machen das ganze natürlich nicht leichter, denn es ist mir so fast unmöglich, die Streits der Kinder gerecht zu schlichten, was häufig nötig wäre. Aber wie gesagt, grundsätzlich halte ich gerne Unterricht, denn die Lebhaftigkeit der Kinder ist ja nicht nur negativ.

Wir waren ab und zu in der Stadt, auf dem Basar, im College of Arts Lahore, in unzähligen Stoffgeschäften, Lebensmittel und vor allem Obst kaufen.

Ramadan hat begonnen, was einen neuen Tagesablauf mit sich bringt. Es gibt jetzt immer bei Sonnenuntergang Aftari, eine Dattel und ein kleines Essen und nach dem Moscheegang der Männer gibt es erst das normale Essen. Für alle, die fasten, gibt es morgens, gegen vier, ein sehr fettiges Frühstück, nach dem man sich aber wieder hinlegt. Ja, und tagsüber gibt es nur Essen und Trinken für die schwächeren Betreuten und die gottlosen Mitarbeiter. Zu denen zähle ich auch.. Weil noch alles so neu war und ich nicht gleich am Anfang meines Lehrerjobs den ganzen Tag müde und geschafft sein wollte, habe ich mich dagegen entschieden, mitzumachen.. Vielleicht in der letzten Ramadan-Woche.

Mit meinem Bäcker-Freund Wakas habe ich schon zahlreiche Gemüsekuchen fürs Aftari gebacken...

Pakistan hat einen neuen Präsidenten. Zardari ist sehr unbeliebt hier, ich habe noch keinen Befürworter getroffen, im Gegenteil befürchten viele, dass es weiter bergab gehen wird mit der Politik Pakistans. Wenn Politik überhaupt mal das Thema eines Gespräches ist, geht es darum, dass man der Regierung nicht trauen könne, die Amerikaner daran schuld seien, dass es so schlecht um das Land steht, weil sie Pakistan klein halten wollen. Ein wirklich großes Problem hier ist die extreme Inflation, die die Preise im vergangenen Jahr für die Grundnahrungsmittel in Pakistan nicht selten verdoppelt hat. Das schafft natürlich große Unzufriedenheit, in den ärmeren Teilen der Bevölkerung schlichtweg Hunger. In unserer Schule, die ja größtenteils von armen Kindern besucht wird, haben wir angefangen, in der Pause Brotscheiben zu verteilen.

Trotzdem geht es mir weiterhin gut in Roshni. Ich bin sehr gerne hier und genieße es, immer und überall Neues entdecken und erleben zu können.